Donnerstag, Mai 18, 2006

Probleme mit Vertrauensarbeitszeit

Arbeiten im Zeitgeist:
Die Vertrauensarbeitszeit hält Einzug in den Unternehmen
Die Welle der Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit mit Jahres-,
Lebens- und sonstigen Arbeitszeitkonten, neuen Schichtsystemen und
weiteren Errungenschaften ist noch gar nicht vollständig über die deutsche
Arbeitswelt hinweg gerollt, da künden eifrige Berater schon von ihrer
nächsten Erfindung: Die "Vertrauensarbeitszeit" wird zum Modell der Zukunft
gekürt, erste betriebliche und tarifliche Regelungen darüber existieren
bereits.

Ein schillernder Begriff, der ein ganz neues Arbeitszeitregime verheißt, beschäftigt
seit einiger Zeit landauf landab Betriebsräte. „Vertrauensarbeitszeit“ heißt der
Schlachtruf in der Debatte um neue betriebliche Arbeitszeitsysteme. Der geht
schon ganz anders über die Zunge als das Gegenstück „Arbeitszeitkontrolle“ mit
seinen harten Konsonanten. Nicht umsonst hat die Deutsche Bank in ihrer
Werbung das Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit (und nicht das Wissen darum)
zum wesentlichen Grund erhoben, das eigene Konto dort und nirgendwo anders zu
eröffnen. Vertrauen statt Kontrolle, das Lenin zugeschriebene Prinzip „Vertrauen ist
gut, Kontrolle besser“ wird auf den Kopf gestellt. Ein weiterer Abschied von schier
ewig währenden Wahrheiten kündigt sich an.
Gleichwohl dürfen sich Betriebsräte wenig Traditionalismus erlauben, wenn es
darum geht, zu beurteilen, wie weit es mit der Überlegenheit des neuen Modells für
eine moderne Wirtschaft (wer wollte die nicht? bei dem Kanzler) wirklich her ist.
Statt hierauf zu vertrauen lohnt es sich, genauer hin zu schauen, um sicher zu
gehen, dass es sich dabei am Ende nicht doch nur um die diesjährige Kollektion
von Kaisers neuen Kleidern handelt. (Kaiser, nicht Kanzler!)
1. Die Vertrauensarbeitszeit – Ein nicht ganz neues Konzept mit Tücken
Was also ist Vertrauensarbeitszeit?
Zunächst einmal ein sehr einfacher, aber geradezu revolutionärer Schritt: Die
Abschaffung der Zeiterfassung. Vordergründig ein Grund zum Jubeln. Hat doch
schon das BAG diese, zumindest wenn sie in Form einer technischen Einrichtung
erfolgt, als belastend weil in die Persönlichkeitsrechte der ArbeitnehmerInnen
eingreifend bezeichnet und entschieden, dass der Betriebsrat deren Einführung
nicht erzwingen kann. (28.11.89, 1 ABR 97/88) Der Gewerkschaftsbewegung nahe
stehende (bzw. ihr angehörende) Kommentatoren empfehlen nicht zuletzt deshalb
den Betriebsräten, das Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung der Arbeitszeit in §
87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu nutzen, um eine automatisierte Zeiterfassung zu
verhindern. (DKK-Klebe, § 87 Rz. 80) Ob dies angesichts geänderter
Arbeitszeitsysteme und Rechtslage so noch haltbar ist, kann mit Fug und Recht
bezweifelt werden. (Hierzu mehr im Abschnitt „Rechtliche Bedingungen der
Vertrauensarbeitszeit“)
Wo keine Erfassung stattfindet, ist es nur konsequent, als weiteres Element der
Vertrauensarbeitszeit auch weitgehend darauf zu verzichten, Festlegungen
darüber zu treffen, wann gearbeitet werden soll. Es verbleibt lediglich - ähnlich wie
bei der Gleitzeit - ein täglicher Zeitrahmen. Wann der Arbeitstag für den/die
Einzelne/n beginnt und wann er endet, soll von den Beschäftigten in eigener
Verantwortung festgelegt werden. Für das Interesse des Arbeitgebers reicht es
aus, den Zeitkorridor zu beschreiben, die Steuerung der Arbeitsleistung erfolgt auf
andere Weise: Durch Zielvorgaben, Projektarbeit u.ä., nicht zuletzt aber durch die
Arbeitsbemessung.


In der Regel funktioniert dies nur, wenn alle ArbeitnehmerInnen entweder in
kleinere Gruppen oder Abteilungen eingebunden, die untereinander Absprachen
über notwendige Anwesenheiten treffen oder aber völlige EinzelkämpferInnen sind.
Andernfalls entsteht – wie auch bei der gleitenden Arbeitszeit – das Risiko, dass
etwa eine Präsenz bei Kundenverkehr nicht mehr zu gewährleisten ist oder
miteinander verbundene Arbeitsschritte auseinander gerissen werden.
Die Verantwortung dafür, dass die vertraglich oder tarifvertraglich geschuldete
Arbeitszeiten eingehalten und Mehr- oder Minderzeiten ausgeglichen werden,
tragen bei der Vertrauensarbeitszeit die ArbeitnehmerInnen selber. Gleiches trifft
für die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften zu: Auch dies überlässt der
Arbeitgeber den Beschäftigten. Teilweise ist dabei allerdings kaum noch das
ernsthafte Bemühen darum zu entnehmen, dass diese auch wirklich eingehalten
werden. (Vergleiche hierzu den Abschnitt „Rechtliche Bedingungen der
Vertrauensarbeitszeit“)
Die Beschreibung legt es nahe, „Vertrauensarbeitszeit“ als Weiterentwicklung von
gleitender Arbeitszeit anzusehen, allerdings mit drei mehr oder minder neuen
Elementen:
· Eine Kernarbeitszeit entfällt.
· Der Monat als Frist für den Zeitausgleich wird aufgegeben, dieser wird in
eigener Regie irgendwann genommen. (Oder auch nicht.)
· Die gearbeitete Zeit wird nicht mehr erfasst.
Jedoch ist der einfache Vergleich mit der klassischen Gleitzeit zu kurz gegriffen.
Zwar wird auch bei dieser zunehmend auf eine Kernarbeitszeit verzichtet und
wurden vielfach die Beschränkungen der Übertragbarkeit von Soll- bzw.
Guthabenstunden auf wenige Stunden in die Folgemonate aufgehoben. Die
Gleitzeit wächst so zu einem langfristig geführten Arbeitszeitkonto heran. Dieses ist
allerdings in einem wesentlichen Moment das genaue Gegenstück zur
Vertrauensarbeitszeit:
Bei einer Erfassung der Arbeitszeit, gleich in welcher Form, kann sich der
Arbeitgeber ständig vergewissern, ob er für sein Geld auch die vereinbarte
Gegenleistung erhält. Umgekehrt sind auch die Beschäftigten in der Lage,
einzuschätzen, ob ihr Einsatz noch angemessen ist, oder ob die Vergütung wegen
zusätzlicher (Mehr-)Arbeit erhöht werden muss.
Durch den Verzicht auf die Zeiterfassung entfällt dies bei der Vertrauensarbeitszeit.
„Ein Arbeitszeitkonto im Sinne eines Girokontos gibt es dann nicht mehr,“ zitiert die
FAZ den Berliner Arbeitszeitberater Hoff. (FAZ, 04.01.99) Im Vordergrund des
Interesses des Arbeitgebers steht die Erledigung der Aufgaben, statt der Präsenz
der ArbeitnehmerInnen zu bestimmten Zeiten. Insofern erinnert das Ganze eher an
die Arbeitsbedingungen von klassischen AußendienstmitarbeiterInnen.
Für die Beschäftigten hat dies unbestreitbare Vorteile. Die häufig als kleinlich
empfundene Kontrolle, ob die Arbeitszeit auch bis zur letzten Minute erbracht
wurde, entfällt. Zu spät Kommen gibt es nicht mehr. Niemand ist genötigt, ständig –
auch in Phasen der schöpferischen Pause – geschäftig auszusehen, um nicht den
Eindruck zu erwecken, es mangele an Arbeit. Und schließlich: Die zeitliche
Organisation der Arbeit kann eher den individuellen Bedürfnissen angepasst
werden, als wenn eine Zuteilung der Arbeit durch Vorgesetzte erfolgt.
Dies könnte es nahe legen, sich durch flottes Schaffen eine Arbeitszeitverkürzung
bei vollem Lohnausgleich zu verschaffen. Hierin besteht allerdings der erste große
Irrtum: Auch bei der Vertrauensarbeitszeit ist es keineswegs egal, wie lange
jemand arbeitet. Die Ableistung der vereinbarten Arbeitszeit ist vielmehr weiterhin
arbeitsvertragliche Pflicht. Beim Arbeitsverhältnis steht im Unterschied zum
Werkvertrag rechtlich eben nicht die Aufgabenerfüllung im Vordergrund, sondern
die Bereitstellung der Arbeitskraft in einem vereinbarten zeitlichen Umfang. (Hierzu
mehr im Abschnitt „Das arbeitsrechtliche Austauschverhältnis“)


Wer schneller ist, schafft damit also vor allem den Freiraum dafür, mehr innerhalb
der vereinbarten Zeit zu arbeiten. Neu dabei ist, dass dies vollständig
selbstbestimmt geschieht: Unternehmerisch denkend sind die Beschäftigten
verpflichtet, die gesparte Zeit für das Unternehmen zu nutzen. Im Ergebnis bewirkt
Vertrauensarbeitszeit so also eine selbst organisierte Arbeitsverdichtung, die
mittelfristig zur Erhöhung des Arbeitsvolumens führt. Schließlich kauft der
Arbeitgeber auch weiterhin mit dem Arbeitsvertrag eine bestimmte Anzahl von
Stunden, die mit Arbeit gefüllt sein wollen.
Hinzu tritt jetzt aber noch auf Seiten der ArbeitnehmerInnen die Pflicht, dies auch
selber optimal zu organisieren, weil andernfalls ein Vertrauens- und damit ein
Vertragsbruch vorliegt. Dies nämlich ist der zweite große Irrtum: Unter der
Herrschaft der Vertrauensarbeitszeit sind die Beschäftigten in der Organisation
ihrer Zeit nicht etwa frei, deren Disposition wird weiterhin vor allem den durch die
Interessen des Betriebes bestimmt – nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich.
(Zur Rechtsstellung der ArbeitnehmerInnen in hochflexiblen Arbeitszeitsystemen
vergl. Schüren, ArbuR 96, 381) Im Zweifel haben persönliche Interessen zurück zu
stehen. Es ändert sich lediglich, dass der Arbeitgeber seine Wünsche nicht mehr
offen in Form einer Zeitorganisation vorträgt.
ArbeitnehmerInnen tragen damit im Konfliktfall zwei Herzen in der Brust: Das
eigene, dass nach Entlastung strebt und das fremde des Arbeitgebers, dessen
Takt im Zweifel der Vorrang einzuräumen ist – allerdings ohne eine klare Vorgabe,
wie dies auszusehen hat. Die Verantwortung verdoppelt sich: Zunächst muss
richtig eingeschätzt werden, was denn das konkrete Interesse des Betriebes ist
und dann diesem nachgekommen werden. Wer im Zweifel lieber auf Nummer
„Sicher“ geht, organisiert sich so die eigene Überlastung - und soll dies noch für
eine neu erworbene Freiheit halten.
Im betrieblichen Alltag führt diese Situation häufig zu Problemen, die von den
erwarteten Vorteilen der Vertrauensarbeitszeit für die ArbeitnehmerInnen nicht
mehr viel übrig lässt. Diese sind teilweise gravierend, weil weder das individuelle
Arbeitsrecht noch das Betriebsverfassungsrecht wirklich geeignete Lösungswege
parat haben.
Auf Seminaren berichten Betriebsräte von der Erfahrung, dass
Vertrauensarbeitszeit zu einer Vereinzelung der Beschäftigten führt, die einerseits
zur völligen Überlastung, andererseits zur gegenseitigen Überwachung führt.
Entsprechende Erfahrungsberichte sind auch schon in der Presse (Deutsches
Allgemeines Sonntagsblatt vom 16.07.99) und den Web-Seiten der IG-Metall
veröffentlicht worden.
Das gegenseitige Misstrauen wächst, weil die bisherige Form der Zeitorganisation
den Arbeitstag als Klammer hatte. Hier wurde eine Verteilungsgerechtigkeit
vermutet, wenn alle etwa gleich lange arbeiteten. Dass dies nicht unbedingt auch
gleiche Ergebnisse bedeutete, war zwar bekannt, wurde aber hingenommen. Jetzt
gerät derjenige, der offenkundig weniger Zeit auf seine Arbeit verwendet in den
Verdacht, sich auf Kosten der KollegInnen zu entlasten. Verdeckte Belastungen,
Arbeiten für das Unternehmen zu Hause oder am Wochenende werden dabei
natürlich nicht wahr genommen.
Tatsächlich ist es in der Regel nämlich umgekehrt: Die Einführung der
Vertrauensarbeitszeit führt zu einer Ausweitung der Arbeitszeit. Dies hat vor allem
zwei Ursachen: Zum einen werden Projekte und Ziele zunächst weitgehend
unabhängig von der hierfür benötigten Zeit geplant. Aufträge werden im
Unternehmen von Stellen eingeworben, die mit Arbeitsorganisation nichts zu tun
haben. Maßstab ist der Kundenwunsch, nicht der Arbeitsaufwand. Die
Abschätzung, was überhaupt machbar ist, wird von anderen Institutionen gemacht
und ist ein wichtiges Korrektiv gegen Überlastung. Was nicht in das zur Verfügung
stehende, durch die personelle Ausstattung vorgegebene zeitliche Budget passt,
muss eben anders organisiert werden. Diese Instanz geht verloren, wenn durch die
Vertrauensarbeitszeit der Anschein der jederzeitigen Verfügbarkeit aller
Kapazitäten erweckt wird.


Letztlich muss sich niemand mehr ernsthaft mit der Frage auseinander setzen, was
wirklich zu schaffen ist. Schließlich hat der Arbeitgeber die lästige Aufgabe des
Zeitmanagements an die Beschäftigten delegiert. Solange die nicht protestieren,
scheint alles machbar zu sein. In der Regel kommt dieser Protest aber nicht oder
viel zu spät.
Zum anderen setzen sich nämlich die ArbeitnehmerInnen selber unter Druck, weil
kein vorgegebener Zeitrahmen mehr existiert. Die Beurteilung, worin der Grund für
die ständige Verlängerung der Arbeitszeit besteht, ist gar nicht möglich. Dies kann
ebenso gut die unangemessene Arbeitsmenge wie auch eine schlechte
Arbeitszeitorganisation sein. Letztere hat der/die Betroffene aber selber zu
verantworten.
Die offene Aussprache hierüber ist mit erheblichen Risiken verbunden. Schließlich
kann es sein, dass alle anderen mit ihren Projekten bestens zu Rande kommen –
oder zumindest so tun. Wer sich in dieser Situation über zu viel Arbeit beschwert,
braucht sich zumindest über die eigene Karriere keine großen Gedanken mehr zu
machen. Gerade leistungsgeminderte ArbeitnehmerInnen werden auf diese Weise
entweder rücksichtslos aus dem Unternehmen heraus oder doch zumindest an den
Rand gedrängt. Sie sind nicht mehr konkurrenzfähig. Vertrauen in die Bereitschaft
des Arbeitgebers, auf das Bekenntnis der Überlastung mit einer Verminderung des
Arbeitsvolumens zu reagieren, kann sich also fatal auswirken. Da beisst man
besser die Zähne zusammen und schweigt.
Insofern kann die Vertrauensarbeitszeit durchaus als Instrument der
Rationalisierung im klassischen Sinne benutzt werden. So eingesetzt wird ein
schon seit längerem zu beobachtender Trend forciert. Gerade im für ein solches
System besonders prädestinierten Angestelltenbereich ist die tatsächliche
wöchentliche Arbeitszeit nach Angaben des Instituts für Arbeit und Technik in
Gelsenkirchen in den vergangenen Jahren laufend gestiegen – ganz im Gegensatz
zur tariflichen. (Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt vom 16.07.99)
Vertrauensarbeitszeit kann hier dazu dienen, sich lediglich der Kenntnisnahme
solcher zusätzlicher Arbeitszeit verweigern statt sie wieder auf ein gesundheitlich
wie auch gesellschaftlich erträgliches Maß zurück zu führen. Überschreitungen der
gesetzlichen Höchstarbeitszeit kommen nicht mehr vor, weil keiner darauf achtet.
Auch dies ist eine Form der Problemlösung. Eine durchaus naheliegende zumal,
wenn die Kommentatorin der Süddeutschen Zeitung vom 05./06.01.99 mit ihrer
Vermutung recht hat, Ursache dieser Mehrarbeit seinen vor allem „altbackene“
Formen der Arbeitsorganisation. Die werden aber durch den Verzicht auf
Regularien bei der Steuerung der Arbeitszeit nicht modernisiert, sondern allenfalls
vertuscht.
Da die Vertrauensarbeitszeit sich also mit identischer Plausibilität positiv wie
negativ bewerten lässt, ist sie jenseits aller Modernität durchaus in der Lage,
traditionelle Begehrlichkeiten auf seiten der Arbeitgeber zu wecken. Dies
funktioniert vor allem deshalb, weil zwar jeder die möglichen Folgen erkennt, sich
aber ein regelrechtes Schweigekartell darum gebildet hat, um die Debatte um die
Einführung des neuen Systems nicht zu belasten. Gerade die Beratungsbranche
wie auch ihr publizistischer Arm beschwören nur die schönen Seiten und
überlassen die gedankliche Einbeziehung der naheliegenden negativen Folgen der
Phantasie des Publikums. Die Devise: „Ihr wißt schon, was ich meine, auch wenn
ich es nicht sage“ ist hier eine taugliche Form der Kommunikation, weil es darum
geht, die Kundschaft nicht durch allzu viel Verbindlichkeit verprellen.
Wenn alle sehen, was noch mit der Vertrauensarbeitszeit außer den
Blütenträumen von einer schönen Arbeitswelt bewirkt werden kann, spalten sich
die betrieblichen Akteure schnell in unversöhnliche Lager: Skepsis auf der einen
Seite gegenüber den bösen Folgen steht Euphorie auf der anderen für die neue
Freiheit gegenüber. Dabei verlaufen die Fronten keineswegs klassisch. Häufig ist
die Trennlinie zwischen ArbeitnehmerInnen und Betriebsrat gezogen, allerdings
auch hier mit wechselnden Rollen. Mal sind es die Beschäftigten, die
Zeitsouveränität einfordern und ihrer Interessenvertretung Zunder geben, mal


stehen die Betriebsräte auf dieser Seite und müssen eine misstrauische und
zaudernde Belegschaft – die häufig zu Recht um Vergütungsbestandteile aus
Mehrarbeitszuschlägen fürchtet – von den neuen Möglichkeiten überzeugen.
Auf Seiten des Arbeitgebers geht es ebenfalls bunt gemischt zu. Häufig haben
vorpreschende Personalabteilungen mit den betrieblichen Vorgesetzten zu
kämpfen, die in dem neuen System zunächst einmal einen Verlust an eigenen
Steuerungsinstrumenten sehen und daher eine Verringerung des eigenen
Einflusses auf die Ergebnisse ihrer Abteilungen befürchten. Mit dieser
Beobachtung haben sie natürlich recht. Falsch ist lediglich der Schluss, dass dies
notwendig zu einer Verschlechterung führt.
Wie auch immer: Ohne die Zustimmung des Betriebsrats lässt sich
Vertrauensarbeitszeit betrieblich nicht verankern. Insoweit ist die Rechtslage wie
bei der Einführung von anderen komplexen Systemen wie etwa der Abrufarbeit.
(BAG, 28.09.88, 1 ABR 41/87) Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der
Festlegung der Arbeitszeit werden schließlich mit diesem System völlig
suspendiert. Nicht mehr er und der Arbeitgeber handeln Lage und Verteilung der
Arbeitszeit aus, sondern letzterer mit den einzelnen Beschäftigten. Wobei deren
Verhandlungsmacht natürlich erheblich schwächer als die des Betriebsrats
ausgeprägt ist. Ihnen fehlt nicht nur die Einigungsstelle als
Konfliktlösungsmechanismus, sie selber sind Objekt tatsächlicher oder auch nur
eingebildeter Drohungen mit Karriereknick oder schlimmsten Falls Entlassung,
wenn das System nicht funktioniert. (Weiteres hierzu im Abschnitt „Rechtliche
Bedingungen der Vertrauensarbeitszeit“)
Vordergründig ist die Lage komfortabel für den Betriebsrat: Vertrauensarbeitszeit
kann es nur zu seinen Bedingungen geben oder gar nicht. Die Einigungsstelle
kann sie nicht gegen seinen Willen durchsetzen, weil sie nicht befugt ist, das
Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG vollständig zu beseitigen.
Dennoch dürfte es fatal sein, bei der Behandlung des Themas nach Alles-oder-
Nichts-Prinzip zu verfahren. Weder stellen sich die negativen Konsequenzen mit
naturgesetzlicher Zwangsläufigkeit ein, was eine Verweigerungsstrategie nahe
legen würde, noch darf eine völlig Preisgabe der Mitbestimmungsrechte bei der
Arbeitszeit dazu führen, dass die Chancen, die in diesem System stecken, vertan
werden, weil keine Schutzmaßnahmen gegen die negativen Auswüchse vereinbart
wurden.
Es kommt – wie so oft – drauf an, was man draus macht. Hierzu ist Veraussetzung,
die Chancen und Risiken zu benennen, ohne sich gegenseitig als Betonköpfe,
Traditionalisten, Rationalisierer usw. zu denunzieren. Auf erkannte Gefahren
müssen die richtigen Antworten gefunden werden, Chancen bedürfen eines
Rahmens, damit sie realisiert werden können.
Rechtliche Bedingungen der Vertrauensarbeitszeit
Die Einführung einer Vertrauensarbeitszeit mit dem Kernelement des Verzichts auf
eine Erfassung der Arbeitszeit wirft rechtliche Fragestellungen auf, die bislang nur
in anderen Zusammenhängen oder überhaupt nicht erörtert worden sind. Hier zeigt
sich auch, dass es ein Fehler war, in der Vergangenheit unzureichend auf die
Arbeitsbedingungen von Außendienstmitarbeitern/innen zu achten, die denjenigen
der Vertrauensarbeitszeit sehr ähnlich sind. Erst in jüngerer Zeit kommt es hier zu
einer gezielten Auseinandersetzung. (vergl.: Mayer, Mitarbeiter im Außendienst,
Bund-Verlag 1999)
Die komplexen rechtlichen Probleme können hier nur angerissen werden. Sie
konzentrieren sich auf folgende Themen:
1.) Ist eine derartige Gestaltung der Arbeitszeit überhaupt mit den Grundlagen des
Arbeitsvertragsrechts vereinbar?
2.) Ist der Verzicht auf Zeiterfassung zulässig?
3.) Lassen sich unter diesen Bedingungen noch Höchstarbeitszeit und andere
gesetzliche Grenzen einhalten?
4.) Was wird aus den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates?
1.) Die grundsätzliche Vereinbarkeit mit dem Arbeitsvertragsrecht
Das Arbeitsvertragsrecht als Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung
ist in Deutschland vor allem durch eine persönliche Abhängigkeit des/der
Arbeitnehmers/in von den Dispositionen des Arbeitgebers gekennzeichnet. Die
Rechtsprechung (vergl. etwa BAG, 29.01.92, 7 ABR 25/91) sieht diese
insbesondere darin verwirklicht, dass der/die ArbeitnehmerIn über seine/ihre
Einsatzzeiten nicht selber bestimmen kann. Mit dieser Bindung will die
Vertrauensarbeitszeit brechen.
Daraus lässt sich jedoch nicht deren Unzulässigkeit herleiten, sondern allenfalls die
Notwendigkeit für die Gerichte, ihr Bild des Arbeitsverhältnisses in unserer Zeit zu
überprüfen. Insgesamt soll nämlich auch im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit
eine enge Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Form einer
Einbindung in betriebliche Abläufe aufrecht erhalten bleiben, und weiterhin
ausgeschlossen sein, für Konkurrenzunternehmen tätig zu werden oder sich bei
der Erbringung der Arbeitsleistung vertreten zu lassen.
Juristische Folgen dieser zeitlichen Beschränkung der Beschäftigten im
Arbeitsverhältnis und der damit einhergehenden Dispositionsbefugnis des
Arbeitgebers ist es, dass er ein Problem bekommt, wenn er zwar Arbeitszeiten
festsetzt, während dieser aber nicht die Möglichkeit der Beschäftigung hat, etwa
weil Arbeitsmaterialien fehlen oder er schlecht geplant hat. Er trägt dafür das
(Betriebs-)Risiko, was dazu führt, dass er in einen sog. Annahmeverzug gerät und
die Vergütung bezahlen muss, obwohl die von den Beschäftigten vertragsgemäß
bereit gestellte Arbeitskraft für ihn nutzlos war.
Hier verspricht die Vertrauensarbeitszeit den Arbeitgebern eine Erleichterung:
„Schön, dass Sie nicht da waren, als wir Sie nicht gebraucht haben“, lautet daher
eine auf Folie verbreitete Verheißung, mit dem die Berliner Arbeitszeitberatung
Hoff & Partner ihren Kunden von der Arbeitgeberseite das neue Konzept
schmackhaft machen will. Das Betriebsrisiko soll vom Arbeitgeber auf die
Beschäftigten verlagert werden. Wenn keine Arbeit da ist, müssen sie zwar auch
bei der Vertrauensarbeitszeit nicht arbeiten. Im Unterschied zum üblichen
Arbeitsverhältnis wird dies aber nicht mehr zur Kenntnis genommen und die
ausgefallene Arbeit ist ohne besondere Vergütung nachzuholen. Vom
Erscheinungsbild ähnelt die Vertrauensarbeitszeit so eher der klassischen
Abrufarbeit als einem besonders modernen System – allerdings ohne Abruffristen
und die schützende Funktion der Mitbestimmung.
Jedoch ist auch dies kein rechtlicher Makel, der die Vertrauensarbeitszeit
unzulässig machen würde. So organisiert handelt es sich lediglich um eine Form
der besonders arbeitgeberfreundlichen Gestaltung von Arbeitsverhältnissen.
Problematisch wird dies allerdings dann, wenn so der Arbeitsausfall wegen
Krankheit oder Erholungsurlaub in die Freizeit abgedrängt wird, also nicht mehr zu
einer Freistellung von Arbeitsleistung führt. Hier handelt es sich jedoch um
allgemeine Probleme der Flexibilisierung von Arbeitszeit, auf die hier nicht weiter
eingegangen werden soll. (vergl. hierzu: Hamm, Flexible Arbeitszeit in der Praxis,
Seite 76 ff.)
Eine Kollision der Vertrauensarbeitszeit mit arbeitsrechtlichen Bindungen kann
auch dann vorkommen, wenn Tarifverträge bestimmte Regularien vorsehen, die
hierdurch unterlaufen werden.
In vielen Tarifverträgen wird Mehrarbeit danach ermittelt, ob geplante oder
betriebsübliche Arbeitszeiten überschritten werden. (vergl. z.B. § 22 BMT-G II)


Daneben gibt es noch die Möglichkeit der ungleichmäßigen Verteilung der
Arbeitszeit, bei der keine Mehrarbeitszuschläge anfallen.
Solche Leistungsverschiebungen können jedoch nicht identifiziert werden, wenn
überhaupt kein zeitlicher Rahmen mehr existiert. Daher ist solchen Tarifverträgen
praktisch ein Zwang zur Planung der betrieblichen Arbeitszeit zu entnehmen, weil
andernfalls der tarifvertragliche Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge vereitelt wird.
In gleicher Weise werden Tarifverträge unterlaufen, die für bestimmte prekäre
Arbeitszeiten Sondervergütungen vorsehen. Als Beispiel hierfür mag der MTV
Metall NW dienen, der in bestimmten Fällen für schon für Arbeitszeiten nach 14.00
Uhr Zuschläge in Höhe von 15 % vorsieht. Wenn Beschäftigte selber über ihre Zeit
disponieren können, wird der Arbeitgeber kaum willens sein, für Spätarbeitszeiten
Zuschläge zu bezahlen, die er nicht selber festgelegt hat. Auch hier findet ein
Unterlaufen der tariflichen Regularien statt.
Derartige Eingriffe sind unzulässig, aber nicht zwingend mit der
Vertrauensarbeitszeit verbunden. Vielmehr muss bei einer Einführung genau
geklärt werden, welche Kollisionen mit dem Tarifrecht entstehen können, um
hierauf entsprechend in einer Betriebsvereinbarung zu reagieren.
2.) Zulässigkeit des Verzichts auf Zeiterfassung.
Das Arbeitszeitgesetz enthält in § 16 eine wenig beachtete Vorschrift zum Thema
„Zeiterfassung“. Danach muss der Arbeitgeber alle die Arbeitszeiten erfassen und
dokumentieren, die die 8-Std.-Grenze pro Werktag überschreiten.
Bekannt gewordene Regelungen zur Vertrauensarbeitszeit lösen dieses Problem
in der Regel dadurch, dass sie den Beschäftigten diese Verpflichtung übertragen.
Sie werden angehalten, selber diese Zeiten zu erfassen und zu dokumentieren.
Wenn allerdings gleichzeitig (wie es schon in einigen Fällen vorgekommen ist) die
die Betriebsvereinbarung hierzu den Beschäftigten verspricht, der Arbeitgeber
werde diese Aufzeichnungen niemals kontrollieren, dann kann kaum davon
ausgegangen werden, dass hier wirklich ernsthaft dokumentiert werden soll.
Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung geht zunächst einmal zu Lasten des
Arbeitgebers. Dieser ist nach der gesetzlichen Vorschrift zur Dokumentation
verpflichtet. Sinn der Dokumentation ist es, der Aufsichtsbehörde die Möglichkeit
der Kontrolle der Einhaltung von Ausgleichszeiträumen zu verschaffen. Diese
Verpflichtung – und auch die entsprechende Sanktion bei Verstoß – trifft
ausschließlich den Arbeitgeber, auch wenn die Einhaltung im Rahmen einer
betrieblichen Regelung an die Beschäftigten delegiert wird. (BAG, 27.02.92, 6 AZR
478/90)
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Beschäftigte selber die Zeiten erfassen zu
lassen. Dies hat das OLG Hamm bereits in den 50er Jahren zur
Vorgängervorschrift in der Arbeitszeitordnung entschieden (25.11.58, BB 59, 38).
Es ist in weiten Bereichen des deutschen Arbeitslebens, etwa der Bauindustrie,
durchaus gang und gäbe, dass Beschäftigte mit solchen Stundenzetteln arbeiten.
Wenn danach eine Delegation dieser Verpflichtung an die Beschäftigten
grundsätzlich zulässig ist, sind vor einer solchen Maßnahme aber zwei Probleme
zu lösen. Zum einen müssen die Beschäftigten in die Lage versetzt werden,
überhaupt zu ermitteln, welches die zu erfassenden Zeiten sind (hierzu weiter
unten), zum anderen ist aus individualrechtlichen Gründen eine Verbindlichkeit
dieser Erfassung her zu stellen.
Auch im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit sind Beschäftigte in der Pflicht, im
Streitfall nachzuweisen, dass sie vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung erbracht
haben. Mit ähnlichen Problemen hat die Rechtsprechung immer dann zu tun, wenn
Beschäftigte einen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung einklagen. Die hier
festzustellende rigide Spruchpraxis der Gerichte lässt sich ohne weiteres auf den
Konflikt bei der Vertrauensarbeitszeit übertragen. Klagende ArbeitnehmerInnen
müssen, um einen Vergütungsanspruch durchzusetzen, im einzelnen darlegen –
und beweisen! – an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten sie über die


regelmäßige Arbeitszeit hinaus tätig gewesen sind. Damit nicht genug, sie verlieren
ihren Prozess, wenn der Arbeitgeber bestreitet, die Mehrarbeit angeordnet oder
doch zumindest angenommen zu haben und es den Beschäftigten nicht gelingt,
diese Behauptung zu widerlegen. (BAG, 25.11.93, 2 AZR 517/93) Da kaum
jemand seine Arbeit so gut dokumentieren kann, ist die Situation ziemlich
aussichtslos.
Wenn sich nun der Arbeitgeber bei der Vertrauensarbeitszeit völlig aus der
Arbeitszeitgestaltung heraus hält und es den Beschäftigten freistellt, wann sie
wieviel arbeiten, sind diese auch selber für das Entstehen von Mehrarbeit bzw.
deren Ausgleich durch Freizeit verantwortlich. Selbst wenn sie also den
beschriebenen Nachweispflichten nachkommen könnten, müssten sie zusätzlich
dem Gericht noch plausibel machen, dass es aufgrund der durch den Arbeitgeber
verursachten Arbeitsbelastung nicht möglich war, die Mehrarbeitsstunden wieder
abzubauen. (BAG, 04.05.94, 4 AZR 445/93)
In der Regel werden Beschäftigte aber bereits vorher in einem solchen Prozess
scheitern, weil der Arbeitgeber es dabei bewenden lassen kann, die Richtigkeit der
individuellen Aufzeichnungen über die Arbeitszeit anzuzweifeln. Solche sind für
sich genommen kein Beweis dafür, dass die Arbeitszeiten tatsächlich erbracht
wurden.
3.) Einhaltung der Höchstarbeitszeit, von Pausen und Ruhezeiten
Nach dem ArbZG gibt es verschiedene Grenzen für die tägliche Arbeitszeit. Dies
betrifft deren Dauer, die dazwischen liegenden Ruhezeiten, die Einhaltung von
Pausen sowie bestimmte Arbeitsverbote, etwa am Sonntag.
Alle diese gelten auch dann, wenn eine Vertrauensarbeitszeit für den Betrieb
vereinbart wurde. Allerdings sind die Beschäftigten im betrieblichen Rahmen dann
selber für die Einhaltung der Grenzen erforderlich. Dies setzt zunächst einmal
voraus, sie zu kennen.
Welche Schwierigkeiten es bereits verursacht, nur die tägliche Höchstarbeitszeit
einzuhalten, zeigt sich dann, wenn genauer nach dem Begriff der „werktäglichen
Arbeitszeit“ gefragt wird, die Maßstab für die Einhaltung der Höchstarbeitszeit ist.
Das landläufige Verständnis, hiermit seien die 24 Std. von 0 bis 24 Uhr gemeint, ist
falsch, aber weit verbreitet. Tatsächlich fängt der Arbeitstag immer dann an, wenn
die Arbeit aufgenommen wird. Von hier ausgehend wird gemessen, ob innerhalb
der nächsten 24 Std. die Höchstarbeitszeit überschritten würde und ob Ruhezeiten
eingehalten sind.
Die Kenntnis solcher Feinheiten des Arbeitszeitrechts sind schon in den
Personalabteilungen kaum vorhanden. Wie Beschäftigte dann ihre Zeiten selber
erfassen sollen, ist schleierhaft. Zumindest kann es nicht als ordnungsgemäße
Erfüllung der Verpflichtung nach dem Arbeitszeitgesetz zur Erfassung der
Überschreitung der Höchstarbeitszeit angesehen werden, wenn die Beschäftigten
ohne die Vermittlung weiterer Kenntnisse damit betraut werden.
Die Vereinbarung zur Vertrauensarbeitszeit, die etwa einen Zeitkorridor von 7 bis
22 Uhr festlegt, innerhalb dessen die tägliche Arbeitszeit zu erbringen ist, ist in
dieser Hinsicht absolut unvollständig, wenn sie keine Beschränkungen vorsieht, die
verhindern, dass Beschäftigte an einem Tag bis 22 Uhr arbeiten und dann – unter
Verzicht auf die 11-stündige Ruhezeit – bereits um 7 Uhr des nächsten Tages ihre
Arbeit wieder aufnehmen.
In gleicher Weise muss die Einhaltung tariflicher Arbeitszeitbegrenzungen bereits
durch die Rahmenregelung in der Betriebsvereinbarung gewährleistet werden.
Hierzu ist es in keinem Fall ausreichend, den Beschäftigten lediglich vollständige
„Souveränität“ über ihre Arbeitszeit zu übertragen und den Rest einem Selbstlauf
zu überlassen.
Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht des § 16 Abs. 2 ArbZG gehen auch dann
zu Lasten, wenn diese innerbetrieblichen den Beschäftigten übertragen wurden.
Das kann aber kein Grund für den Betriebsrat sein, derartige Halbheiten zu


unterschreiben und darauf zu vertrauen, dass die Arbeitsschutzbehörde schon ihre
Arbeit macht. Zum einen ist die in der Regel schon personell kaum in der Lage,
derartige Verstöße wirklich zu verfolgen. Zum anderen aber soll die betriebliche
Regelung zur Arbeitszeit gewährleisten, dass ArbeitnehmerInnen nicht überfordert
werden und ihre privaten Interessen noch mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung
in Übereinstimmung bringen können. Das ist kaum zu erwarten, wenn keinerlei
Versuch unternommen wird, die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen auch bei der
Vertrauensarbeitszeit zu realisieren. Deshalb gibt es hier durchaus ein Interesse
des Betriebsrats, selber initiativ zu werden.
4. Mitbestimmungsrechte
Vertrauensarbeitszeit führt dazu, dass der Betriebsrat die Arbeitszeitgestaltung im
einzelnen aus der Hand gibt. Hier entsteht eine gefährliche Nähe zu einem
vollständigen Verzicht auf die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte, der nicht
zulässig ist. (Vergl. etwa BAG, 26.08.97, 1 ABR 12/97) Der Betriebsrat wird nicht
gewählt, um in den Angelegenheiten, in denen das BetrVG den Arbeitgeber der
Mitbestimmung unterworfen hat, diesem wieder die Befugnisse zurückzugeben.
Wer in dieser Weise als Gremium untätig bleiben will, sollte auf eine Kandidatur
verzichten.
Auch hier gilt also, dass der Betriebsrat nur dann seinen Verpflichtungen
nachkommt, wenn er ausreichende Rahmenbedingungen in einer
Betriebsvereinbarung schafft. Diese müssen den Beschäftigten die Möglichkeit
einräumen, ihre Rechte auch im Konfliktfall gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren
und absichern, dass nicht am Betriebsrat vorbei die Arbeitsbedingungen zu lasten
der Beschäftigten umgestalten und diesen die Möglichkeit genommen wird, ihr
Privatleben noch mit den Anforderungen des Betriebes zu koordinieren.
Andernfalls sollte auf die Einführung der Vertrauensarbeitszeit vollständig
verzichtet werden.
Was bei der Einführung von Vertrauensarbeitszeit geregelt werden muss
Die Vertrauensarbeitszeit bedarf einer betrieblichen Regelung, damit die Rechte
der Beschäftigten ebenso wie die des Betriebsrates gesichert sind. Diese
Regelung wird allerdings in manchen Punkten vom klassischen Muster abweichen,
weil der Betriebsrat sich damit aus seiner gestaltenden Rolle bei der Festlegung
der Arbeitszeit im Einzelfall zurückzieht.
Da jedoch bei Einführung eines solchen Arbeitszeitsystems nicht absehbar ist, ob
hierdurch die Interessen der Beschäftigten auch tatsächlich hinreichend
berücksichtigt werden, sollte von Vornherein mit bedacht werden, dass auch ein
Ausstieg aus der Vertrauensarbeitszeit möglich sein muss. Hierzu ist es sinnvoll,
die Nachwirkung im Falle der Kündigung der Vereinbarung auszuschließen. Damit
die Wirkung dieses Ausschlusses nicht verfehlt wird, bedarf es gleichzeitig einer
Festlegung, wie das Arbeitszeitregime nach einer Kündigung ausgestaltet sein soll.
Andernfalls entsteht nach Ablauf der Kündigungsfrist einer solchen Vereinbarung
eine Regelungslücke.
Um jedoch diese Konsequenz einer vollständigen Beseitigung bei nur
unwesentlichen Störungen zu vermeiden, sollte zunächst einmal vereinbart
werden, dass die Vertrauensarbeitszeit ständig durch eine betriebliche
Projektgruppe, die sich auch der Unterstützung von Sachverständigen bedienen
kann, begleitet und bei Bedarf einvernehmlich nachgebessert wird.
Auf diese Weise kann dem Anliegen des Betriebsrates, seine
Mitbestimmungsrechte nicht vollständig aufzugeben, genügt werden. Hinsichtlich
der Rechtsstellung der Beschäftigten sollte die Vereinbarung auf eine gemeinsame
Analyse aufbauen, welche Erwartungen an die Vertrauensarbeitszeit geknüpft
werden und welche Probleme absehbar sind.
Nach allgemeinen Erfahrungen können die Probleme insbesondere im folgenden
bestehen:


1. Die Arbeitszeit verlängert sich, weil die Arbeitsmenge steigt.
2. Die Arbeitszeit wird aufgespalten, der Arbeitstag konturlos.
3. Den Beschäftigten wächst die Arbeit über den Kopf, weil das strukturierende
Moment der geschlossenen Arbeitsphase verloren geht.
4. Beschäftigte kontrollieren sich gegenseitig.
5. Beschäftigte sind sich ihrer Leistung weniger gewiss und gleichen diese
Unsicherheit durch Verlängerung ihrer Arbeitszeit aus.
6. Der Protest gegen Überlastung ist kaum möglich, weil u. U. auch
selbstverschuldete zu langsame Arbeitsweise die Ursache sein kann.
Beschäftigte, die dies offen ansprechen, setzen sich der Gefahr des
„Karriereknicks“ aus.
7. In der täglichen Gestaltung der individuellen Arbeitszeit werden gesetzliche
wie auch tarifliche Arbeitszeitvorschriften mißachtet.
8. Vorgesetzte schieben Arbeit ab, weil sie im Rahmen bestehender Hierarchien
delegieren können, während die übrigen Beschäftigten einen realen Zuwachs
an Arbeit erfahren.
Positive Erwartungen an die Vertrauensarbeitszeit bestehen insbesondere
hinsichtlich folgender Aspekte:
1. Die Selbstbestimmung bei der Koordination von Arbeitszeit und Freizeit
wächst.
2. Beschäftigte können auch einmal längere Phasen der Arbeitsbefreiung in
Anspruch nehmen.
3. Arbeitszufriedenheit und Motivation steigen.
Damit die Erwartungen an die Vertrauensarbeitszeit sich erfüllen können, ist
wichtig, zu definieren, welche Rechte die Beschäftigten im Umgang mit ihrer Zeit
haben, insbesondere wie sie sich auch gegen einen Zugriff durch ihre
Vorgesetzten hierauf erwehren können. Zeitsouveränität bedeutet in diesem Fall,
dass ihnen die Kompetenz zugestanden wird, selber zu beurteilen und zu
entscheiden, wieviel Arbeit zu welcher Zeit erforderlich ist, um Projekte
abzuarbeiten. Weisungsbefugnisse der Vorgesetzten im Einzelfall müssen auf
Ausnahmefälle beschränkt werden.
Wenn sich im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit ein Zeitguthaben angesammelt
hat, muss es wiederum den Beschäftigten überlassen bleiben, dieses nach ihren
Bedürfnissen einzusetzen. Bei definierbaren Arbeitsprojekten ist es fast
zwangsläufig, den ArbeitnehmerInnen das Recht einzuräumen, nach deren
Abschluss ein Zeitguthaben abzubauen, bevor das nächste Projekt in Angriff
genommen wird.
Sinnvoll sind auch Begrenzungen des Zeitguthabens. Sobald dieses etwa den
Umfang einer Arbeitswoche annimmt, sollte die Regelung vorsehen, dass sofort
eine verbindliche Festlegung erfolgt, wann der Ausgleich durch Freistellung von
der Arbeit erfolgt. Dabei ist den Wünschen der Beschäftigten der Vorrang
gegenüber den betrieblichen Bedürfnissen einzuräumen.
Wenn Laptop, EMail und Handy zu den Arbeitsmitteln zählen, sollten Zeitkorridore
definiert werden, innerhalb derer keine Verpflichtung zur Annahme entsprechender
Nachrichten besteht. Dabei wird es in der Regel sinnvoll sein, den Beschäftigten
selber die Festlegung dieser Zeiten zu überlassen.
Während sich die positiven Erwartungen im wesentlichen unter dem Aspekt der
Zeitsouveränität zusammen fassen lassen, deren Verwirklichung dann in der Regel
auch zur höheren Arbeitsmotivation führen wird, steht bei den Risiken das
Überlastungsmoment im Vordergrund. Dieses kann mit einem umfangreichen
Maßnahmenkatalog angegangen werden.


Zunächst einmal sollten klare Leitlinien geschaffen werden, in welcher Weise
individuelle Zeiterfassung erfolgen kann. Hierfür kommen sowohl die Eingabe in
entsprechende Masken im Computer in Frage, als auch das Führen von
Stundenzetteln etc. Wichtiger als die Form ist die Verbindlichkeit. Vertrauen in
dieser Frage bedeutet, dass die Richtigkeit der Aufzeichnungen nur dann in Frage
gestellt wird, wenn der Arbeitgeber beweisen kann, dass hier Schindluder
getrieben wurde.
Die Gestaltung der betrieblichen Organisation und der Abläufe müssen so
beschaffen, dass eine Reduzierung des eigenen Arbeitsumfangs durch
Verlagerung auf andere ausgeschlossen ist. Hier sind insbesondere Hierarchien
abzubauen und sinnvolle Gruppenstrukturen zu schaffen.
Die Möglichkeit für die Beschäftigten, sich untereinander zu vergleichen, sind durch
regelmäßige Besprechungen zu gewährleisten. Mindestens einmal monatlich sollte
das Thema „individuelle Arbeitsorganisation“ und „Zeitmanagement“ auf der
Agenda der Teambesprechungen stehen. Für deren Durchführung können
semiprofessionelle betriebliche Arbeitszeitbeauftragte eingerichtet werden, die
nicht als Interessenwahrer des Arbeitgebers tätig sind. Diese sollen einen
herrschaftsfreien Dialog über Schwierigkeiten mit der Zeitorganisation ermöglichen.
Aufgabe solcher Arbeitszeitbeauftragter kann es auch sein, für Einzelprobleme
Anlaufstelle zu sein. Beschäftigte, denen die Arbeitszeit aus dem Ruder läuft,
müssen sich an sie wenden können, um Überlastung zu reklamieren, ohne sich
selber dadurch bloßzustellen. Die Beauftragten wiederum müssen in der Lage
sein, solche Überlastung auf Ihre Ursache hin zu überprüfen und ggf. kompetent
zu beraten oder beim Arbeitgeber auf Abhilfe zu drängen. Hierzu muss ihnen der
Zugang zu den jeweiligen Teams und Vorgesetzten offen stehen.
Grundvoraussetzung, um individuell mit dem Thema „Arbeitszeit“ umgehen zu
können, ist eine grundlegende Einführung in tarifliche wie auch gesetzliche
Vorgaben und in die Techniken des Zeitmanagements. Daher ist entsprechend
Freiraum für mehrstündige Schulungen zu diesen Themen bei Einführung der
Vertrauensarbeitszeit bzw. bei Eintritt von Beschäftigten in das Unternehmen zu
schaffen. Bei dieser einmaligen Schulung wird es in der Regel nicht bleiben
können. Mindestens vierteljährlich sollte hier, aufbauend auf die Ergebnisse der
Teambesprechungen eine Fortsetzungsschulung stattfinden.
Da dem Betriebsrat das einzig effektive Zugriffsmittel auf die Arbeitsbelastung der
Beschäftigten, das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei
Einrichtung der Vertrauensarbeitszeit verloren geht, ist es sinnvoll, in der
Vereinbarung einen Ersatz hierfür vorzusehen. Dieses neu zu schaffende
Mitbestimmungsrecht muss sich auf die Bemessung der Arbeitsmenge beziehen.
In welcher Weise Betriebsräte hier tätig werden, lässt sich nicht verallgemeinernd
darstellen, weil die jeweiligen betrieblichen Abläufe maßgebend für die
entsprechende Regelung sind. Nicht ausreichend ist es aber sicherlich, dem
Betriebsrat lediglich ein Informationsrecht bezüglich dieser Arbeitsbemessung
einzuräumen.
Für das Problem, dass Beschäftigte Vertrauensarbeitszeit auch mißbräuchlich
nutzen können, indem sie „Zeit hamstern“, gibt es wohl keine Lösung. Allerdings
wäre eine generelle Regelung hierzu auch das genaue Gegenteil dessen, was mit
Vertrauensarbeitszeit bezweckt ist: nämlich Ausdruck vorweg genommenen
Mißtrauens. Hier kann lediglich die Maxime gelten, dass, wenn im Einzelfall solche
Phänomene auftreten, Betriebsrat und Arbeitgeber sich über
Lösungsmöglichkeiten verständigen müssen.
Betriebsvereinbarungen in der klassischen Form werden kaum ausreichen, um das
Thema „Vertrauensarbeitszeit“ betrieblich zu bewältigen. Zwar müssen die
grundlegenden und verbindlichen Regularien weiterhin in dieser Form niedergelegt
werden. Bei der Vertrauensarbeitszeit kommt es jedoch in sehr viel stärkerem
Maße darauf an, dass alle, also vom Arbeitgeber über die betrieblichen
Vorgesetzen bis hin zu denjenigen, die mit einer solchen Form ihrer


Arbeitszeitgestaltung umgehen müssen Verständnis für das dahinter stehende
Anliegen entwickeln. Hierzu ist das Juristendeutsch der Betriebsvereinbarung
kaum geeignet. Daher sollte mehr Wert auf eine betriebliche Gebrauchsanweisung
gelegt werden, die erläutert, wie das System funktionieren sollte und mit welchen
Rechten und Pflichten die Beschäftigten konfrontiert sind.
Allerdings wird dies alles wenig nützen, wenn es nicht auch zu einer Änderung im
Umgang mit den Themen „Zeit“ und „Arbeit“ selber kommt. Hier sind sowohl die
generellen Fragen der Arbeitsorganisation angesprochen, die in ihrer
herkömmlichen, von Hierarchien und Anweisungsstrukturen ausgehenden Form
einer Umsetzung der Vertrauensarbeitszeit im Wege stehen, als auch der
individuelle Umgang der ArbeitnehmerInnen mit diesen Fragen. Das in
Deutschland vorherrschende Leitbild des ewig gottgefällig rackernden
Erfolgsmenschen, für den jedes Atem holen schon verwerflicher Müßiggang ist,
muss bei einer solchen nur aufgabenbezogenen Arbeitsorganisation in die
Katastrophe führen. Seine Verbreitung zeigt sich etwa in Umfragen zum Umgang
mit der eigenen Arbeitszeit, wenn dort von Arbeitnehmern in gehobenen Positionen
mit einem erheblichen Ausmaß an Mehrarbeit geantwortet wird, man sehe sich
selber als „zeitsouverän“ an, könne also seine Arbeitszeit weitgehend frei
bestimmen. (Die Umfrage ist enthalten in Hamm, Flexible Arbeitszeiten in der
Praxis, S. 41)
Solche Leitbilder werden selbst in unserer aufgeklärten Zeit weiterhin intensiv
gepflegt, auch wenn sie noch so absurd sind. Die Wochenzeitung „Die Woche“
etwa hat in ihrer Ausgabe vom 26.11.99 den Vorstandsvorsitzenden der
Mannesmann AG, Klaus Esser porträtiert. Entworfen wurde das Bild des rastlosen
Machers im Kampf für eigene und gegen fremde Übernahmen. Ganze 12 Stunden
Schlaf in acht Tagen hat ihm der Journalist in seinem Artikel zugestanden, was,
wenn die Ideologie ausgeblendet wird, nach allgemein menschlichen Maßstäben
direkt in die Verblödung wegen absoluter Erschöpfung führt. Nicht so jedoch in
diesem Bild religiöser Berufsaskese: Hier gilt die Aufopferung mehr als das Produkt
der Arbeit als Wert, als Stifterin von Identität. Je mehr Einsatz, desto höher das
Selbstwertgefühl. Eine Haltung, die auch vielen Mitgliedern von Betriebsräten nicht
ganz fremd ist und die so – mindestens so stark wie derartige Artikel – auch
Maßstäbe für den betrieblichen Alltag setzt.
Es ist ein schwieriges Thema, das hier angegangen werden muss und dabei keiner
Betriebsvereinbarung zugänglich ist. Wer es nicht anfasst, läuft aber Gefahr, eine
Chance zu verpassen, die in diesem neuen System der Arbeitszeitgestaltung
stecken kann. Wie es gehen könnte, haben IBM-Betriebsräte gezeigt mit den von
ihnen angestoßenen „Tagen der Besinnung". Sie sind eine Möglichkeit, dieses
neue Thema anzufassen. Weitere Beispiele von anderen Betrieben und
Betriebsräte werden und müssen folgen.
Der folgende Text enthält ein paar zusammenfassende Kernthesen und sollte quer
zum sonstigen Layout auf den ersten beiden Seiten grafisch abgehoben
auftauchen
„Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis“
Auch nach Einführung der Vertrauensarbeitszeit bleibt es bei der Eingliederung in
eine fremd bestimmte Organisation mit allen damit verbundenen Nachteilen für die
Beschäftigten, jedoch ohne den Vorteil des Arbeitsverhältnisses, die Zeit als
eingrenzenden Maßstab der Leistungserbringung nutzen zu können. Welche
Bedeutung dieser im Arbeitsleben hat, zeigt sich in der Existenz des
Arbeitszeitgesetzes bzw. dessen Vorläufer, der Arbeitszeitordnung als einem der
ältesten Schutzgesetze wie auch der sich durch die Geschichte der
Industriegesellschaft ziehenden Auseinandersetzungen zwischen Kapital und
Arbeit um die Frage der Dauer der Arbeitszeit.


Der Abschied von derartigen lang gepflegten Traditionen muss nicht unbedingten
etwas Schlechtes sein. Jedoch sollte deren Kerngedanke, der Schutz der
strukturell unterlegenen ArbeitnehmerInnen im Arbeitsverhältnis vor Überlastung
sich auch in einem neuen Zeitregime wiederfinden. Die bloße Abkoppelung von
der Zeit als Wert bildendem Faktor im Arbeitsverhältnis ist nicht in der Lage, dies
zu gewährleisten. Daher müssen neuen Formen des Zugriffs auf zu erwartende
Überlastung an deren Stelle treten. Hierzu gehört auf der rechtlichen Seite vor
allem eine Absicherung der Selbstbestimmung der Beschäftigten, was die Dauer
ihrer Arbeitsleistung anbelangt. Es muss wirklich ihnen überlassen bleiben, wann
sie arbeiten und vor allem wann sie nicht arbeiten wollen. Jede Form des
Arbeitsabrufs hat hier zu unterbleiben. Diese Festlegung ist auch institutionell, also
durch eine betriebliche Vereinbarung zu sichern.
Außerdem muss über ein Instrumentarium nachgedacht werden, wie die
Beschäftigten selber und der Betriebsrat an das Thema „Überlastung“
herankommen, wenn die Arbeitszeit nicht mehr der Hebel ist. Hier geht es konkret
darum, einen Einfluss auf die Arbeitsbemessung oder –zuteilung zu konstruieren.
Die Betriebsvereinbarung ist auch hierzu ein geeignetes Mittel, weil
entgegenstehende tarifliche Regelungen – mit Ausnahme des Bereichs der
Deutschen Post AG – nicht bestehen. Betriebsvereinbarungen verstoßen also nicht
gegen § 77 Abs. 3 BetrVG.
In welcher Form die Absicherung konkret erfolgt, muss sich nach den betrieblichen
Bedingungen richten. Hier lassen sich kaum allgemeine Aussagen zu treffen.

1 Kommentar:

Hans Kolpak hat gesagt…

Für einen Blog finde ich diese hervorragende Betrachtung zu wenig gegliedert und zu weitschweifig formuliert. Deswegen habe ich nach etwa einem Drittel mit der Lektüre abgebrochen. Mein Vertrauen ist gebrochen. Das paßt zum Thema.

Vor elf Jahren stieg ich aus. Manchmal frage ich mich, was bequemer UND reizvoller für mich ist: Ein geregeltes und fremdbestimmtes Bürokraten-Dasein in einem Konzern mit festem Einkommen oder eine selbst geregelte und selbstbestimmte freiberufliche und selbständige Beschäftigung bei unregelmäßigem Einkommen.

Ohne Zweifel bin ich jetzt stärker gefordert und spüre Zwänge unmittelbarer bei gleichzeitig höherer Verantwortung für mich, die Gesellschaft und die Umwelt. Statt mit 65 zum Ruhestand gezwungen zu sein, bin ich frei, bis an mein Lebensende kreativ zu denken und zu handeln, um "an der Bewältigung der Probleme zu arbeiten, die uns und damit unsere natürliche Umwelt bedrohen".

Ich vertraue nur noch mir.

Hans Kolpak
Biß der Woche